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Lothar Schuster – Unterwäsche eben anders

„Auf dem Gebiet der Wäsche muß man anders gestalten.“ Der das sagt, ist gerade 36 Jahre alt und der einzige, der Haute Couture-Männerwäsche macht.
Unter wäsche eben anders.
Lothar Schuster, im Kleinwalsertal geboren und seit 1977 Wahlmünchner, ist besonders fasziniert von Stoffen und Schnitten. Für die neuesten Creationen –Chorhemden mit passenden Spitzenradlern – trieb er in Voralberg Originalspitze des Vatikans auf. Nun ziert die Papstspitze neben dem geweihten Haupt auch die Beine seiner hochkarätigen Kunden, die für die Spitzenradler schon einmal 250 DM auf den Tisch des Münchner Ateliers legen. Schnitt und Sitz sind oberste Gebote. „Wenn man was kauft, soll´s ja Qualität haben und kein Einmalprodukt wie ein Kondom sein“, bringt er seine Wäsche auf den Punkt. Und was er macht, hat Qualität und Erotik. Der Kaputzenbody aus Norwegerstoff beispielsweise, der zur Jeans wie ein Pulli wirkt und ohne Jeans im schönen String endet. Eben etwas für Drunter und Drüber. In zwei eigenen Läden in München und Berlin und bei zehn weiteren ausgesuchten Händlern bringt er seine schmückende Wäsche an den Mann.
Passender Laden zum hochwertigen Wäschedesign: Tendenze Exclusive Menswear in der Utzschneiderstraße in München.
„Ich bin ja auch nicht der liebe Gott, der weiß, was die Leute wollen.“ Gesunde Selbsteinschätzung Lothar Schusters, der lieber nach Bestellung auf Maß anfertigt, anstatt eventuell Ladenhüter zu produzieren.
Mit der Nähmaschine im Hinterzimmer fing er einst an. Neben den Halbzeitjob als Einzelhändler näht er Hemden im Glitterstil für Silver Convention und Thomas Gottschalk. 1983 inseriert er dann erstmals seine „Männerwäsche nach Maß“ im Münchner Stadtmagazin. Beim Top-Versand, wo er sich eigentlich als Model bewirbt, nimmt man doch lieber seine Wäschekreationen und verdoppelt damit den Umsatz. Bald entwirft er das Gros des Angebotes, andere werden aufmerksam und der Weg zu HOM wird geebnet. Inzwischen entwirft er hier ein Fünftel der Kollektion.
„Meist die Teile, die als Deko- oder Ausstellungstücke gerne genommen werden“, weist er auf seinen ausgefallenen Stil hin. Daneben gibt es seine Tendenze-Haut Couture und einen erotischen Wäschekatalog, dessen Angebot erst nach Eingang der Bestellung genäht wird. „Ich kann ja nicht wissen, was ein Renner wird.“ Und der Katalog schlägt ein. Bestellungen über einige Tausend Mark sind keine Seltenheit. Lothar Schuster vermutet dahinter die Heimlichen, die sich nicht trauen, und hofft bei Gefallen auf „Wiederholungstäter“. Gerade die schwule Kundschaft legt besonderen Wert auf Aussehen, Ästhetik und eine Rundum-Mode, die nicht nur nach außen den modischen Schein wahrt. Aber in gewissen Kreisen oder Generationen traut Mann sich immer noch nicht, öffentlich anderes zu kaufen als brave Allerweltshöschen.
Für sie ist das Versandgeschäft ideal, und auch für den Provinzler, der kaum Gelegenheit hat, Ausgefallenes zu kaufen.
Die Kunden seiner maßangefertigten Bodies aus Spitze, Samt und edlem Brokat finden sich in allen Gesellschaftsschichten, vom Rechtsanwalt über den Arzt bis zum Pfarrer.
Eigentlich gehört ja eine knackige Figur zu den Stringbodies oder Slips mit hochgezogenem Bein, doch weil eben nicht jeder Mann die Normgröße 5,6 oder 7 mitbringt, sind die Maßanfertigungen beliebt.
„Mein Lieblingskunde ist dieses Jahr 90 geworden, der legt sich jeden Monat was beiseite und spart auf einen neuen Alloverbody. Den letzten hat er in pinkfarbenem Samt bestellt. „Für den nicht mehr ganz glatten Hals bat er um einen höheren Stehkragen, und gegen die kalten Knie macht Lothar Schuster die Beine einfach etwas länger.
Lothar Schuster lebt für seine Unterwäsche und nach all dem „sich nach anderen richten“ will er mit Tendenze etwas ohne Kompromisse machen, „selbst wenn ich davon ein Teil nur einmal verkaufe.“
Für die internationale Anerkennung und einen weiteren Ruf überlegt er derzeit, eine zweite Wahlheimat in Paris zu suchen.
Stoffe und Schnitte machen das Besondere aus. Modelle die längst mehr als Unterwäsche sind. Der unverwechselbare Look zeigt dem Kenner auf den ersten Blick, dass es sich bei dem, was unter Hemd oder unter Jeansjacke sichtbar wird, um ein Tendenzemodell handelt.