Berichte aus der Branche
Das Beispiel Lothar Schuster: Ein Mann macht Furore mit Top-Design für Männer-Dessous
Wie Kreativität zum Konzept wir – Erfolg mit Nobelwäsche – Eröffnung in Berlin – Europaweiter Vertrieb geplant
Lothar Schuster: „Wäsche beeinflusst Seele und Gefühl“.
Berlin/ Die „Unaussprechlichen“ werden vorzeigbar. Denn mit Doppelripp aus Baumwolle sind die Kreationen von Lothar Schuster, Top-Designer für Männer-Dessous, nicht zu vergleichen. Lichtjahre entfernt sind sie Slips, Bodysuits und Boxershorts und all das „schicke Darunter“, das der Wäsche-Künstler vorstellt, von dem, was Otto Normalverbraucher meistens noch unter Hemd und Hose trägt.
Jetzt eröffnete Lothar Schuster die erste Tendenze-Franchise-Boutique in Berlin. In der Hauptstadt attraktivster Einkaufsmeile, gleich neben dem KaDeWe, stellt der Nobelschneider seine Haute Couture- Linie vor, Extravagantes für den Tag, phantasiereicher Badeanzüge für den Strand. Auf Wunsch auch alles nach Maß. Paßform und Schnitt sind individuell und auf die Maße des Trägers abgestimmt. Auch die Materialien unterscheiden sich total von herkömmlicher Männerwäsche. Edle Stoffe von Seide bis Samt, zarte Spitze und buntbedruckte Elastics verarbeitet Lothar Schuster für seine exclusive Menswear. Die erlesenen Materialien kommen aus Italien, Frankreich, Finnland und Deutschland. Der 34-jährige macht Wäsche für Männer, denen die zweite Haut nicht weniger wichtig als die erste ist. Für Kunden, die nach der Devise leben „ich gönn´mir etwas“.
Für den Wahl-Münchner ist Wäsche keineswegs nur ein Gebrauchsgegenstand. „Wäsche ist der Haut am nächsten, sie beeinflusst Seele und Gefühl“, erläutert der Wäsche Couturier seine Philosophie in einem TM-Gespräch. „Sich etwas für die Haut gönnen, baut den Menschen von innen heraus auf.“ Für Frauen sei Luxuswäsche aus Seide schon lange eine Selbstverständlichkeit. Warum sollen sich nicht auch Männer verwöhnen oder verwöhnen lassen? Nach diesen Überlegungen inszenierte Lothar Schuster eine „kleine Revolution“ auf dem Männerwäschemarkt.
1958 im österreichischen Kleinwalsertal geboren, faszinierte den Achtjährigen die Trachtenschneiderei der Großmutter so sehr, dass er sie unbedingt erlernen wollte. So lernte er nähen, sticken und stricken. Die Grundlage für seinen erfolgreichen Beruf, für den er sich später durch Kurse an Mode- und Schnittschulen das nötige Rüstzeug holte.
Spezialisierung
Anfang der achtziger Jahre startete der Autodidakt in einem Schwabinger Atelier als Designer von Abendkleidern seine Karriere. Mit der Akribie, die er bei der Trachtenschneiderei verinnerlicht hatte, entwarf er Abendroben für die Münchner Prominenz, Auftrittskostüme für Show-Stars und-Sternchen. Sehr schnell erkannte er, dass man davon nicht leben kann im teuren München, selbst wenn die Anzüge von Thomas Gottschalk oder von Ralph Siegel für die „Silver Convention“ geordert wurden. In dieser zeit spezialisierte sich Lothar Schuster auf Herren-Dessous und Bademoden nach Maß. Die Wäschekonfektionäre wurden auf den einfallsreichen jungen Mann aufmerksam. Für einen großen Wäscheversand entwarf er seine erste Kollektion. 1989 verpflichteten ihn die Hersteller der Männerwäschemarke HOM als Trend-Designer für die Avantgarde-Kollektion. Im März 1991 eröffnete Lothar Schuster seine erste Haute-Couture-Menswear-Boutique in München, nur wenige Schritte vom Viktualienmarkt entfernt. Von hier aus lancierte er seine eigene Marke Tendenze by Lothar Schuster.
Bequem und komfortabel müssen seine Wäschestücke sein. Das ist für ihn oberstes Gebot. Nichts soll einzwängen und drücken. Schuster probiert die Slips, Shorts und Tangas immer wieder am eigenen Leib. Die Schnitte werden nach der Körperlinie gemacht. Das ist Lothar Schuster wichtig. „Ich bin der Meinung, dass nur ein Mann Männerwäsche machen kann“, sagt der Nobelwäscheschneider. Schließlich wisse nur ein Mann, wie das delikate Körperteil richtig „verpackt“ werden könne. Er beschäftige sich mit einem Tabuthema, das ganz und gar keine Nebensache sei.
Der Erfolg seiner Boutique in München beweist, dass seine Wäschestücke gefragt sind. Doch inzwischen kann man seine Kreationen auch in Stuttgart und in Zürich kaufen. Weil die gute Paßform aufgefallen ist, kopieren einige Wäschehersteller bereits die Schuster-Schnitte. „Wenn sie bei mir klauen, finde ich das nicht schlecht, das bedeutet doch nur, ich liege goldrichtig“, sagt Schuster seelenruhig.
Denn er sieht die anderen nicht als Konkurrenz. Es freut ihn, dass Tendenze Tendenzen setzt, denn unterdessen seien die anderen Männerwäschehersteller auch schon viel farbiger und mutiger geworden.
Schusters Nobelwäsche ist gestreift, geblümt – rote Rosen auf schwarzem Grund – bunt und einfarbig, sogar Patchwork kann man finden. Viel zu schade nur zum „Unterziehen“. Deshalb werden die Pulloverbodies mit kurzen oder langen Ärmeln, mit Sehkragen oder tiefem Ausschnitt nicht selten auch unter dem Smoking oder zur Abendhose getragen. Zum Verstecken sind Schusters Wäschestücke auch wirklich viel zu schade. Denn der Wäsche-Spaß hat natürlich seinen stolzen Preis.
Ergeizige Pläne
Lothar Schuster und Manager Michael Rohrmann haben ehrgeizige Pläne. Gegenwärtig bereiten sie die Tendenze Prêt-à-Porter-Kollektion vor, die europaweit vertrieben werden soll. Ab Herbst `92 ist ein Haute-Couture-Versand nach Katalog vom Stammhaus in München vorgesehen. Spätestens dann soll die Zeit, wo Ehefrauen und Bräuten als Geschenk für den Liebsten immer nur die Krawatte einfällt, entgültig vorbei sein. Bereits jetzt sind 20 Prozent der Kunden Frauen, die ihre Männer verschönern, erotisieren und verwöhnen wollen, berichten die Erfinder der Nobelwäschemarke.